Freitag, 28. November 2008

Professoren und ihre Vorlesungen

Der Titel ist schon mal irreführend. Hier wird nämlich meist nach der Socratic Method gelehrt, d.h. nicht der Prof macht Frontalunterricht, sondern er moderiert, während die Studenten Vorträge halten. Die ansonsten wie verrückt auf ihren Laptops schreiben. Ich musste allein für die erste Vorlesung 125 Seiten lesen. Und dann auch noch auf Englisch. Ich hätte es wissen können.

Bisher sind eigentlich durchgehend alle Profs hervorragend, richtigender Fan bin ich von Justin Hughes, den ich in zwei Vorlesungen habe. Er erklärt Euch auch gerne, was Intellectual Property eigentlich umfasst. Ist nur eine Zwei-Minuten-Vorlesung (allerdings auf Englisch). Man merkt im Unterricht vor allem, dass die Profs hier meistens schon als Anwälte gearbeitet haben oder noch arbeiten. Sie sind wesentlich fokussierter, können sehr gut erklären und haben natürlich immer die richtigen Beispiele parat. Allerdings fordern sie auch sehr viel. Ich bin eigentlich nur mit Lesen beschäftigt, wenn ich nicht gerade in NY unterwegs bin oder Blog schreibe.

Die Professorin für Sports Law ist die Vize-Präsidentin der NBA, der Professor für Law and Literature dürfte einigen von Euch bekannt sein: Bernhard Schlink, der das Buch "Der Vorleser" geschrieben hat, das als erstes deutsches Buch #1 der New York Times Bestsellerliste einnahm. es wird gerade verfilmt und kommt Ende 2008 hier in die Kinos. Statt der anfangs vorgesehenen, dann schwangeren Nicole Kidman spielt Kate Winslet die Hauptrolle, Karoline Herfurth, Hannah Herzsprung und Ralph Fiennes machen auch mit.
In Entertainment & Media Law lehren zwei Praktiker, der eine sieht aus wie Saddam Hussein zu seinen "besten" Zeiten, der andere hat in großen, mittleren, kleinen Kanzleien, HBO, den Verlag Simon & Schuster und den New Yorker gearbeitet. Inzwischen hat er seine eigene Kanzlei gegründet. Die Fälle haben auch immer einen besonderen Unterhaltungscharakter: Letzte Woche ging es beispielsweise um Catch the Predator. Hierbei lockt ein Kamerateam Pädophile in ein Haus, in dem sie dann konfrontiert werden, ohne hinaus zu kommen. Zumindest nicht ohne Polizeibegleitung. Vorher gaben sich die Journalisten als Kinder in Onlinechats aus. Einer der Beinahe-Täter wurde gleich zwei Mal erwischt...
Davor hat eine von uns referiert zu gewaltverherrlichenden PC-Spielen. Das wurde erst einmal eine Viertelstunde ausprobiert. Die Profs kennen alles und jeden in der Entertainment-Industrie in New York, wodurch man meist noch vor der eigentlichen Klage darüber diskutiert. Interessant war auch ein Fall zu einem FBI-Agenten, der die Gambino's, eine Mafia-Familie, unterwandert hat und durch ein Buch aufflog. Jack Falcone ist eine Freund unseres Profs, ich bin schon gespannt auf den Film. Falcone wünscht sich jedenfalls Beniccio Deltoro, Javier Bardem oder Andy Garcia als sein verfilmtes Ich. Mittendrin statt nur dabei ist hier das Motto.

Und wenn einem die Sammelklage von einer Professorin erklärt wird, die einmal 55.000 Mieter gleichzeitig vertreten hat, dann lichtet sich der Nebel schnell.

Die Arbeit bei Professoren als Research Assistant ist mit einem Studentenvisum übrigens die einzig mögliche, die (allerdings schlecht) bezahlt wird.

Noch besser sind allerdings die Gast-Vorlesungen, von denen jede Woche ca. 5 allein im Bereich IP stattfinden, meist kombiniert mit etwas zu Essen oder einem Empfang. Die beste Präsentation, die ich je gesehen habe war von Prof Lawrence Lessig, dem Gott unter den IP-Profs Amerikas. Er hat auch die Creative Commons mitbegründet und ist einer der einflussreichsten Urheberrechtler der letzten Generationen.
Auch sehr interessant war der Vortrag von Dr. E. Michael Harrington, auch wenn Vortrag wie immer hier völlig verharmlosend klingt. Er bombardierte uns mit Musik-Remixes/Mash-Ups wie dem Grey Album, das ich am sog. Grey Tuesday heruntergeladen habe, und ist eigentlich immer der Experte, wenn Musikstars vor Gericht ziehen bzw. gezogen werden. Von den Dixi Chicks bis zu Metallica hat er praktisch schon alles und jeden vertreten. Zu dem Problem des Sampling und Remixing hat übrigens gerade erst der Bundesgerichtshof entschieden.

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